Allergie: Symptome, Ursachen und Behandlung (2024)

Stand: 22.03.2024 07:25 Uhr| vom

Eine Allergie ist eine Überreaktion des Immunsystems auf körperfremde Stoffe aus der Umwelt - etwa Pollen, Milben oder bestimmte Nahrungsmittel. Welche Symptome deuten auf eine allergische Reaktion hin? Und was hilft?

von Mirja Klensang

Die Nachbarkatze streicheln, zum Frühstück ein Hühnerei genießen oder an einer blühenden Wiese entlang spazieren: Was für die meisten von uns nach einer entspannten Situation klingt, kann für Menschen mit einer Allergie zum echten Problem werden. Denn ihr Körper hat eigentlich harmlose Stoffe aus der Umwelt zum Feind erklärt.

Allergie: Was passiert im Körper?

Unermüdlich verteidigt das Immunsystem unseren Körper gegen Eindringlinge wie Viren, Bakterien, Parasiten oder Schadstoffe aus der Umwelt. Doch nicht immer gelingt die Unterscheidung zwischen Gut und Böse. Bei einer Allergie ist das Immunsystem fehlgeleitet und schaltet auch beim Aufeinandertreffen mit eigentlich harmlosen Stoffen wie Nüssen, Tierhaaren und Co - sogenannten Allergenen - in den Abwehrmodus.

Hat die körpereigene Abwehr ein Allergen als gefährlich eingestuft, bildet sie in den meisten Fällen speziell darauf zugeschnittene Antikörper. Selten werden auch bestimmte Abwehrzellen, sogenannte T-Lymphozyten, auf den Plan gerufen. Je nach Art der Immunreaktion unterscheiden Medizinerinnen und Mediziner vier verschiedene Allergie-Typen. Dabei kommt Typ I mit Abstand am häufigsten vor. Typ II und III sind selten.

Vier Allergietypen: So reagiert das Immunsystem auf Allergene

Typ I: Soforttyp

Rund 90 Prozent aller Allergien zählen zum Typ I - darunter Allergien gegen Pollen, Tierhaare, Nahrungsmittel und Insektengifte. Sie werden auch als Soforttyp-Allergien oder IgE-vermittelte Allergien bezeichnet. Beim Erstkontakt mit einem Allergen bildet das Immunsystem Antikörper der Klasse IgE (Immunglobulin E), die eine Verbindung mit sogenannten Mastzellen eingehen. Es kommt zu einer Sensibilisierung des Körpers. Er zeigt noch keine Symptome, wappnet sich aber gegen ein erneutes Aufeinandertreffen mit dem vermeintlichen Feind. Trifft jetzt ein Allergen auf die Antikörper-Mastzellen-Verbindung, werden entzündungsfördernde Botenstoffe wie Histamine freigesetzt. Die allergische Reaktion folgt nach wenigen Sekunden bis Minuten - daher der Name Soforttyp.

Typ II: Zytotoxischer Typ

Die Typ-II-Allergie wird ebenfalls durch Antikörper vermittelt. Sie lösen eine Abwehrreaktion gegen körpereigene Zellen aus, an die Allergene angedockt haben. Ein typisches Beispiel für diesen Reaktionstyp ist die Blutgruppenunverträglichkeit bei einer Bluttransfusion.

Typ III: Immunkomplextyp

Bei der Typ-III-Allergie bilden sich Immunkomplexe aus Antikörpern und Antigenen, die sich in Blutgefäßen oder Gewebe ablagern können. Folge kann etwa eine Gefäßentzündung, eine sogenannte Vasculitis allergica, sein.

Typ IV: Spättyp

Der Spättyp ist die einzige Allergieform, die nicht durch Antikörper vermittelt wird. Der Kontakt mit einem Allergen sorgt vielmehr dafür, dass bestimmte Abwehrzellen, sogenannte T-Lymphozyten, sensibilisiert werden. Erkennen die T-Lymphozyten das Allergen erneut im Blut, lösen sie eine Immunreaktion aus. Zu Beschwerden kommt es erst Stunden oder Tage nach dem Kontakt - etwa bei Kontaktallergien auf Nickel oder Chrom.

Symptome: Geschwollene Schleimhäute, Hautreaktionen, Magen-Darm-Probleme

Eine Allergie kann sich durch unterschiedliche Symptome äußern und in ihrer Intensität stark variieren. Besonders oft sind Augen und Nase betroffen. Aber auch weitere Bereiche des Körpers wie die Haut und der Magen-Darm-Trakt können unter den allergischen Reaktionen leiden. Schleimhäute können anschwellen, Puls und Durchblutung steigen. Häufige Beschwerden sind:

  • tränende, juckende, brennende oder geschwollene Augen
  • laufende oder verstopfte Nase
  • häufiges Niesen
  • Husten
  • Atemprobleme
  • Hautreaktionen wie Ausschläge oder Juckreiz
  • Magen-Darm-Probleme wie Blähungen, Darmkrämpfe, Durchfall, Verstopfung
  • Ödeme (Schwellungen etwa der Augenlider oder der Beine)

Oft macht sich eine Allergie an jenen Körperstellen bemerkbar, die unmittelbaren Kontakt zum Allergen hatten. So führt eine Pollenallergie häufig zu Problemen in Nase, Lungen oder Augen, während Nahrungsmittelallergien auf Magen oder Darm schlagen.

Anaphylaktischer Schock: ein medizinischer Notfall

Die gefährlichste allergische Reaktion und immer ein medizinischer Notfall ist der allergische Schock, auch anaphylaktischer Schock genannt. Zu den Risikogruppen zählen vor allem Menschen mit einer Insektengiftallergie, einer Nahrungsmittelallergie (etwa gegen Erdnüsse oder Meeresfrüchte) oder einer Arzneimittelallergie (zum Beispiel gegen Penicillin). Der Kontakt mit dem betreffenden Allergen kann bei ihnen zu Blutdruckabfall, Atem- und Kreislaufstillstand führen und somit lebensbedrohlich sein.

Allergien sind auf dem Vormarsch

Seit den 1970er-Jahren hat die Häufigkeit allergischer Erkrankungen in Ländern mit westlichem Lebensstil stark zugenommen. Nach Angaben des Robert Koch Instituts leiden mehr als 30 Prozent der Erwachsenen im Laufe ihres Lebens mindestens an einer allergischen Erkrankung. Kommen gleich mehrere Allergien zusammen, sprechen Medizinerinnen und Mediziner von einer Allergieneigung, einer sogenannten allergischen Diathese. Doch warum reagiert das Immunsystem immer öfter überschießend?

Ursachen: Wie werden Allergien ausgelöst?

Zur Entstehung von Allergien gibt es viele Theorien, aber wenig vollständig gesicherte Erkenntnisse. Expertinnen und Experten gehen davon aus, dass nicht selten die Kombination mehrerer Auslöser zu einer allergischen Erkrankung führt.

Neben genetischen Ursachen - die Neigung zu Allergien wird vererbt - können veränderte Lebensbedingungen und Umwelteinflüsse das Risiko für eine Erkrankung erhöhen oder die allergischen Reaktionen verstärken. Dazu zählen etwa eine zunehmende Feinstaubbelastung, ein verändertes Ernährungsverhalten, schlecht gelüftete Wohnungen, aber auch psychische Faktoren wie Stress.

Auch die übermäßige Hygiene könnte eine Rolle spielen: Heutzutage werden die meisten Krankheitserreger vom Immunsystem ferngehalten. Wissenschaftler vermuten, dass die körpereigene Abwehr gewissermaßen unterfordert ist und sich deshalb auf vermeintlich harmlose Stoffe aus der Umwelt stürzt.

Diagnose: Hauttest, Bluttest, Provokationstest

Worauf der Körper allergisch reagiert, ist nicht immer einfach herauszufinden. Helfen können Spezialistinnen und Spezialisten für Allergologie. In einem Anamnesegespräch gehen sie ersten Hinweisen auf mögliche Allergieauslöser nach - um dann entsprechende Tests durchzuführen:

  • Hauttests: Ein Hauttest kann eine Sensibilisierung des Körpers gegen ein bestimmtes Allergen nachweisen. Am häufigsten wird dafür der sogenannte Pricktest angewendet, bei dem Allergenlösungen meist auf die Innenseite des Unterarms geträufelt und mit einer Lanzette leicht in die Haut gestochen werden. Tritt an der betreffenden Hautstelle eine Reaktion, etwa in Form von Pusteln oder Quaddeln auf, ist der Beweis erbracht: Das Immunsystem hat bereits Antikörper gegen das entsprechende Allergen gebildet. Wird eine Allergie vermutet, bei der sich Symptome erst nach Stunden oder Tagen zeigen, kommt der Epikutantest ins Spiel. Dabei wird die Allergenlösung mit Pflastern auf den Rücken aufgebracht, um die Reaktion des Körpers über einen längeren Zeitraum beobachten zu können.
  • Bluttest: Ein Bluttest wird häufig ergänzend zum Hauttest eingesetzt. Er kann die IgE-Antikörper nachweisen, die bei den meisten Allergien (Typ-I-Allergien) als Reaktion auf den Kontakt mit Allergenen gebildet werden.
  • Provokationstest: Der Provokationstest kann die vorangegangenen Ergebnisse untermauern oder durchgeführt werden, wenn andere Untersuchungen ergebnislos geblieben sind. Unter ärztlicher Aufsicht werden die Schleimhäute der Allergikerin oder des Allergikers mit dem Allergen konfrontiert - zum Beispiel durch Inhalation oder orale Einnahme. Zeigt das Immunsystem eine allergische Reaktion, gilt die Allergie als nachgewiesen.

Behandlung: Allergene meiden

Die Allergieauslöser sind enttarnt - und jetzt? Im Idealfall gehen Betroffene den problematischen Allergenen aus dem Weg. Dies gilt insbesondere für schwere Nahrungsmittelallergien. Für Tierfreunde ist die Information wichtig, dass nicht jede Hunde- oder Katzenrasse gleich allergen ist. Dadurch kann die Entscheidung für ein Haustier auch für Familien mit Allergiediagnose möglich sein.

Mit Blick auf Pollen oder Hausstaubmilben ist Vermeidung in der Realität nur schwer umsetzbar, wobei das Maskentragen und Staubfilter im Auto durchaus etwas Linderung bringen können. Menschen mit Hausstaubmilbenallergie können sich spezielle Matratzenüberzüge und Bettwäsche verschreiben lassen.

Medikamentöse Behandlung: Hyposensibilisierung, Tabletten und Tropfen

Bei starken Beschwerden kann zudem eine Hyposensibilisierung infrage kommen. Ziel einer solchen Immuntherapie ist es, den Körper nach und nach an die allergieauslösenden Stoffe zu gewöhnen und so die Überreaktion des Immunsystems zu verringern. Über einen längeren Zeitraum wird das Allergen zunächst wöchentlich und dann monatlich verabreicht, oral oder per Spritze.

Vielen Betroffenen der saisonalen Pollenallergien verschafft in der Akutphase die Einnahme von Tabletten mit Wirkstoffen wie Cetirizin, Loratadin oder Desloratadin etwas Linderung. Diese sogenannten Antihistaminika hemmen die allergische Reaktion. Daneben sind in der Apotheke auch Nasensprays und Augentropfen erhältlich.

Mit Ernährung und Sport das Immunsystem unterstützen

Eine Allergie kann eine enorme Belastung für den Körper sein. Umso wichtiger ist es, ein überaktives, teils fehlgeleitetes Immunsystem keinen zusätzlichen Strapazen auszusetzen, sondern es vielmehr zu stärken - etwa durch Entspannungstechniken, körperliche Bewegung oder die richtige Ernährung.

Die Auswahl der richtigen Lebensmittel kann außerdem helfen, die allergischen Reaktionen abzumildern. Durch die Allergie kommt es zu Entzündungsprozessen im Körper, die durch eine darmgesunde, antientzündliche Kost eingedämmt werden können.

Expertin aus dem Beitrag

Dr. Christine Löber, HNO-Praxis Farmsen

Fachärztin für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde
https://hno-farmsen.de/

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